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Interview

Drei Fragen an …

... Annelie Buntenbach, DGB-Vorstandsmitglied.

Annelie, du hast in der Rentenkommission „die Gewerkschaften“ vertreten. Was war für dich bzw. den DGB zu erreichen?  
Die Beratungen waren schwierig und das war auch vorher schon klar. Denn die Kommission hatte einen entscheidenden Geburtsfehler: Es saßen sehr viele politische Vertreter darin. Damit waren das eigentlich fortgesetzte Koalitionsverhandlungen zu Fragen, die SPD und CDU schon zu zweit nicht lösen konnten. Hinzu kommt, dass es bei der Union ja kein konsistentes Rentenkonzept gibt und mit einem Partner zu diskutieren, der nicht weiß, wohin er eigentlich will, ist nie leicht. Außerdem fehlten die Sozialverbände und andere gesellschaftliche Vertreter am Verhandlungstisch. Trotzdem ist uns Gewerkschaften einiges gelungen: Dass es nach langen Jahren der Rentenkürzungen überhaupt wieder um bessere Leistungen bei der Rente geht und sich der Tunnelblick nicht mehr ausschließlich starr auf die Beitragsseite richtet, ist unser Verdienst. Auch haben wir abwenden können, dass die Regelaltersgrenze für den Renteneintritt weiter angehoben wird. 

Es gibt zwei Minderheitsvoten des DGB – wo konnten und können wir nicht mitgehen und warum?
Beim Rentenniveau haben wir ein Sondervotum abgegeben. Zwar trägt der DGB den Bericht im Großen und Ganzen mit. Dass es in Zukunft feste Haltelinien geben soll beim Beitragssatz und – was für uns entscheidender ist – beim Sicherungsniveau, ist vernünftig. Aber einen Korridor beim Rentenniveau, der nach 2025 bei einer Untergrenze zwischen 44 und 49 Prozent liegen soll, können wir nicht unterschreiben. Für die Gewerkschaften ist klar, es darf keine weiteren Rentensenkungen geben. Das Niveau von heute 48 Prozent muss als definitive Untergrenze festgelegt werden, und zwar ein für alle Mal. Außerdem halten wir daran fest, dass im weiteren Schritt eine Erhöhung etwa auf 50 Prozent notwendig ist. Sonst heißt es gerade für die Jüngeren: Mehr einzahlen, weniger rausbekommen und dann auch noch die Kosten für die private Vorsorge alleine tragen. Das ist einfach ungerecht. Ein weiteres Sondervotum haben wir abgegeben zu der Empfehlung, die Standardrente mit 47 statt mit 45 Entgeltpunkten zu definieren. Das ist nicht mehr als ein Rechentrick, damit optisch das Niveau höher aussieht – aber auf dem Konto der zukünftigen Rentner und Rentnerinnen hätte das keine Auswirkungen. Außerdem werden in Zukunft immer weniger Menschen eine Erwerbsbiographie mit 45 oder mehr Jahren Durchschnittsverdienst haben. 

Deine persönliche Prognose, dein persönlicher Wunsch: Wie sieht die Zukunft der Alterssicherung in Deutschland aus?
Ich finde, die Corona-Krise macht gerade nochmal eindrucksvoll klar, dass wir eine starke gesetzliche und solidarisch finanzierte Rente brauchen. Jetzt zeigt sich doch, wie entscheidend die sozialen Sicherungssysteme für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sind. Sie bieten den Menschen einen Schutz, den man mit privater Vorsorge an den volatilen Finanzmärkten mit seinen hohen Risiken niemals erreichen könnte. Solidarische Sicherungssysteme auszubauen ist das Gebot der Stunde und die Lehre aus dieser Krise. Nach der Corona-Pandemie muss es eine breite gesellschaftliche Debatte über die Rente geben. Und da werden wir Gewerkschaften uns weiter mit aller Kraft für eine starke gesetzliche Rente einsetzen.