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Bildung Ausbildung & Nachwuchs

Berufliche Bildung: Eisenbahner:in im Betriebsdienst: Berufsausbildung grundlegend modernisiert

Ab 1. August 2022 gehen zwei neue Ausbildungsberufe an den Start. Der Eisenbahner/die Eisenbahnerin im Betriebsdienst Lokführer:in und Transport und der Eisenbahner/die Eisenbahnerin in der Zugverkehrssteuerung ersetzen die einheitliche Ausbildung zum EiB mit zwei Fachrichtungen. Die beiden dreijährigen, grundlegend modernisierten Berufe bilden dann eine Berufsfamilie.

Die entsprechenden Bestimmungen lösen die derzeitige Ausbildungsordnung aus dem Jahr 2004 ab. Handlungsbedarf wurde dabei schon vor Jahren erkannt. Im Jahr 2017 verständigten sich die Sozialpartner auf eine Anpassung des Berufsbildes und gaben beim Bundesinstitut für Berufsbildung ein Gutachten in Auftrag. Das Ergebnis bestätigte die einhellige Auffassung der Gewerkschaftsexperten: Die derzeitige Ausbildung wird den Anforderungen des Berufsstandes nicht mehr oder nur noch bedingt gerecht. Die fortschreitende Digitalisierung, die Vernetzung von Verkehrs­trägern, aber auch neue oder modifizierte Regelwerke haben die Tätigkeit stark verändert. Nur über eine Neuordnung des Berufsbildes sah man sich in der Lage, die Ausbildung zukunftsfest zu gestalten.

Eigenständige Berufe anstatt Fachrichtungen

Mit der Einführung zweier sogenannter Monoberufe nähert man sich der heutigen Ausbildungspraxis in vielen Bereichen an. „Bereits heute wird spezialisiert ausgebildet. Die Fachrichtungen haben ein Stück weit ausgedient“, erklärt Heiko Jaeckel, EVG-Sachverständiger im Neuordnungsverfahren. Das Ausbildungskonzept erlaubt die gemeinsame Beschulung im ersten Jahr. Momentan dauert diese Phase 24 Monate. Bedenken, dass darunter das Systemverständnis Bahn leidet, hat der erfahrene Lokführer nicht. „Die jungen Leute lernen, sich in die Handlungen des jeweils anderen rational hineinzuversetzen“.

Die gestreckte Abschlussprüfung

Auch die Prüfungsform wird sich ändern. Die gestreckte Abschlussprüfung in zwei Teilen entspricht dem Trend, den Prüfungsstoff geschichtet abzuprüfen. Beide Teile gehen als Einheit in die Abschlussnote ein. Somit kann der Auszubildende im ersten Teil nicht durchfallen. Heute gibt es eine Zwischen- und Abschlussprüfung, wobei die Zwischenprüfung keinerlei Auswirkungen auf das Prüfungs­ergebnis hat. „Weil künftig der erste Prüfungsteil mitgezählt wird, findet eine intensivere Vorbereitung statt. Die Prüfung ist dann mehr als ein bloßer Gradmesser“, ist sich Jasmin Dönges sicher, EVG-Sachverständige und Trainerin Fahrweg. „Ein gutes Ergebnis gibt dem Auszubildenden zusätzlichen Auftrieb. Außerdem kann sich der Prüfling gezielter vorbereiten.“ Der erste Teil der Prüfung macht 20 bzw. 30 Prozent der Note aus, der zweite Teil die restlichen 80 bzw. 70 Prozent. Dabei soll Teil 1 im vierten Ausbildungshalbjahr stattfinden und Teil 2 am Ausbildungsende.

Der betriebliche Auftrag

Mit dem Prüfungsformat des „Betrieblichen Auftrags“ für die angehenden Triebfahrzeugführer haben sich die Beteiligten an anderen Branchen orientiert. Im Teil 2 der gestreckten Abschlussprüfung hat der Prüfling in Begleitung des Ausbilders eine praktische Rangierfahrt durchzuführen, inklusive Vor- und Nachbereitung. Das Ergebnis wird dokumentiert und dem Prüfungsausschuss der IHK schriftlich mitgeteilt. Auf dieser Grundlage erfolgt ein auftragsbezogenes Fachgespräch. Auf diese Lösung hat die EVG massiv gedrängt. „Durch die praktische Durchführung einer Rangierfahrt im Ausbildungsbetrieb wird den jungen Leuten die Möglichkeit gegeben, sich zu beweisen“, sagt Gerd Schreiber, ebenfalls Sachverständiger der EVG und aktuell Prüfer in beiden Fachrichtungen. „Sie fühlen sich im Beruf angekommen. So etwas kann das Prüfungsergebnis nur positiv beeinflussen.“ Bislang wird das Rangieren nur theoretisch-schriftlich abgeprüft.

Anrechnung von Ausbildungszeiten

Die neue Ausbildungsregelung ermöglicht die Anrechnung von insgesamt 24 Monaten bei einem Wechsel zwischen beiden Berufen. Wer vom Triebfahrzeug auf das Stellwerk – oder anders herum – wechselt, hat nur noch das letzte Ausbildungsjahr des neuen Berufes nachzuholen. Im Ergebnis stehen zwei vollwertige Berufsabschlüsse.


»Die EVG bekennt sich klar zum Vorrang der dreijährigen Ausbildung vor allen anderen Ausbildungsformen. Im Neuordnungsverfahren haben unsere Kolleginnen und Kollegen aus der Praxis dafür gesorgt, dass die bahntypischen Ausbildungsgänge auch künftigen Anforderungen gerecht werden.«
 

Kristian Loroch, EVG-Vorstandsmitglied
EVG-Kernforderungen umgesetzt

Die EVG hat in den letzten Jahren beharr­lich an einem Konzept gearbeitet. Sach­verständige/Experten und Jugendvertretungen unserer Organisation haben hierzu ihre Erfahrungen und Ideen ein­gebracht. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die hohe Ausbildungsqualität konnte gesichert werden. Digitalisierung wird künftig einen anderen Stellenwert haben. Ferner ging es darum, zwei eigenständige Berufe zu etablieren, die dreijährige Ausbildung zu erhalten und die gestreckte Abschlussprüfung einzuführen. Alle genannten Punkte waren Teil des gewerkschaftlichen Konzeptes, über das mit den Arbeitgebern erfolgreich verhandelt wurde.

Frank Riegler, Sprecher der Zentralen Fachgruppe Lokfahrdienst bestätigt das. „Die neugeordneten Ausbildungsberufe sind anspruchsvoller und damit attraktiver geworden. Wir begrüßen das. Nur über eine moderne Ausbildung kann es gelingen, mehr junge Menschen für das System Schiene zu gewinnen.“

Die neuen Ausbildungsordnungen einschließlich der Rahmenpläne für Betrieb und Berufsschule sind im März 2022 im Bundesgesetzblatt erschienen. Das Verfahren ist somit abgeschlossen, der Weg für die betriebliche Umsetzung geebnet.

Die neue Umsetzungshilfe – erarbeitet von Sachverständigen, die an der Neuordnung beteiligt waren – wird pünktlich zum Ausbildungsbeginn erscheinen. Die Publikation enthält die mit der Neuordnung verbundenen Neuerungen für das Ausbildungs- und Lehrpersonal. Sie erläutert Änderungen in den Ausbildungsrahmenplänen und der Prüfungsstruktur. Hinzu kommen konkrete Hinweise, prak­tische Tipps und Beispiele für die Gestaltung des Ausbildungsalltags.