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Politik

Green Deal: Klimaneutral bis 2050 - ein gutes Ziel

Die EU-Kommission hat ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2050 muss der CO2-Ausstoß in Europa auf Null heruntergefahren werden, über alle Bereiche der Wirtschaft hinweg. Auch der Verkehr in Europa, auf den heute rund 25% aller Treibhausgasemissionen entfallen, muss bis 2050 C02-frei sein.

Die EVG begrüßt diesen sog. Green Deal und mahnt: Nur mit Verlagerung der Verkehre auf die klima- und umweltfreundliche Eisenbahn, im Güter- und Personenverkehr, können die Klimaschutzziele im Verkehrssektor erreicht werden. Das System Schiene muss als Rückgrat des Verkehrssystems ausgebaut werden. Um die Ziele des Green Deal zu erreichen, braucht es keine Lippenbekenntnisse, sondern Verbindlichkeit. Die EVG sagt, was jetzt getan werden muss. 

Was ist der „Green Deal“ eigentlich? 
Offiziell heißt er „Europäische Grüne Vereinbarung zur Umsetzung der „Null-Emissionen-Ziele“ bis 2050“ und wurde im Dezember 2019 veröffentlicht. Dahinter verbirgt sich ein Konzept mit dem Ziel, bis 2050 in der Europäischen Union die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren und somit als erster Kontinent klimaneutral zu werden. Damit reagiert die EU auf den anhaltenden Klimawandel.

Wo stehen wir Klima-Politisch in Europa?
Dreh- und Angelpunkt ist das Pariser Klimaabkommen von 2015. Damals haben sich die 195 unterzeichnenden Staaten verpflichtet, den Anstieg der Erderwärmung gegenüber der vorindustriellen Epoche auf 2 Grad Celsius zu beschränken. In der Folge hat sich z.B. die EU konkrete Reduktionsziele bei den CO2-Emissionen gesetzt. Denn diese gelten als eine der Hauptursachen für den Klimawandel. Als Basisjahr wurde 1990 gewählt: Bis 2030 sollten die CO2-Emissionen demgegenüber um 40 Prozent gesenkt werden. Mit dem Green Deal wurden die Ziele noch einmal verschärft: Jetzt sollen die CO2-Emissionen bis 2030 um 60 Prozent gesenkt werden – als Zwischenschritt zur 100-prozentigen Absenkung bis 2050.

Wie steht die EVG dazu?
Der Bundesvorstand hat Anfang Oktober das Positionspapier „Auf dem Weg zum klimaneutralen Verkehr in Europa bis 2050“ verabschiedet. Darin unterstützen wir die Vorhaben der EU-Kommission und fordern ein verbindliches Konzept mit gezielter Steuerung zugunsten der Eisenbahn und des öffentlichen Verkehrs. Denn wir erwarten uns davon Rückenwind für unsere langjährige Forderung nach einer Verkehrswende! Wer den Klimawandel bekämpfen will, muss den Verkehrssektor umgestalten, denn er ist für rund ein Viertel aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Schiene als der Verkehrsträger mit der besten Ökobilanz muss konsequent zum Rückgrat des Verkehrssystems ausgebaut werden.    

Was muss dafür jetzt getan werden? 
Die Ziele des Green Deals erfordern ein deutliches Umsteuern. Eine konsequente Verlagerung von Verkehren auf die Schiene setzt voraus, dass die Schiene diese auch aufnehmen kann. Also muss die Infrastruktur saniert und ausgebaut werden. Deshalb ist das Zieljahr 2050 auch nur scheinbar noch sehr lange hin. Planungs- und Entwicklungsprozesse in der Infrastruktur brauchen ihre Zeit. 

Die Schiene selbst hat aber auch noch Potenziale, die entwickelt werden können und müssen. Der Eisenbahnverkehr kann vollständig klimaneutral betrieben werden, wenn wir zu 100 Prozent elektrisch fahren und der Strom klimaneutral erzeugt wird. Und: Durch die konsequente Ausnutzung der Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet, kann der Schienenverkehr schneller, effizienter und produktiver werden. 

Umgesteuert werden muss aber vor allem, was den intermodalen Wettbewerb, also den Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern anbetrifft. Hier ist die Schiene in der Vergangenheit und bis heute benachteiligt worden; das hindert sie daran, ihre ökologischen Vorteile auszuspielen. Mit der Trassenpreisreduzierung für den Schienengüterverkehr und mit der Mehrwertsteuersenkung für den Personenfernverkehr sind bereits richtige Maßnahmen in Deutschland ergriffen worden. Andere Themen wie die Belastung der Schiene mit Kosten aus der Stromsteuer, der EEG-Umlage und dem Emissionshandel müssen noch konsequent angegangen werden.

Welche Perspektiven bringt der Green Deal für Arbeitsplätze und Beschäftigung der Branche? 
Die Eisenbahnen und der kommunale öffentliche Verkehr in den Städten und auf dem Land werden vom Green Deal massiv profitieren. „In der Eisenbahnindustrie, den Bahnen selbst und im gesamten öffentlichen Verkehr müssen viele Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen werden, um den Zuwachs an Verkehr verkraften zu können“, heißt es im Positionspapier der EVG. Planung, Entwicklung und Ausbau von Infrastruktur und Fahrzeugen bis hin zum Betrieb - es wird überall zu tun geben. Durch Digitalisierung und Automatisierung werden sich neue Anforderungen ergeben, Berufsbilder werden sich ändern. Die benötigten Fachkräfte wird man aber nur bekommen, wenn die Bezahlung und die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen stimmen. Wir brauchen deshalb starke Interessenvertretungen und europäische und nationale Programme für Ausbildung und Qualifizierung. 

Wie sieht der Zeitplan aus?
Für EU-Verhältnisse legt die Kommission ein flottes Tempo vor. Bereits Ende 2021 sollen konkrete Maßnahmen vereinbart und als europäische Gesetzgebung verabschiedet werden. 

Wie kann sich die EVG einbringen?
Unser europäischer Dachverband ETF arbeitet zurzeit an einer gemeinsamen Position zum klimaneutralen Verkehr – für alle Verkehrsträger, aus Sicht der Beschäftigten. Die EVG arbeitet mit. Zugleich haben wir das frisch verabschiedete EVG-Positionspapier veröffentlicht und treiben damit die verkehrspolitische Debatte voran.

Wird die Corona-Pandemie die Umsetzung des Green Deal beeinflussen?
Die Corona-Krise hat zu einer globalen Reduktion von Schadstoffausstoßen geführt. Dies hat sich positiv auf Klima und Umwelt ausgewirkt. Aber das ist ein vorübergehender Effekt. Auch in der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise hat es einen Einbruch im Verkehrssystem gegeben - der allerdings in kürzester Zeit wieder ausgeglichen wurde. Wenn wir daraus lernen wollen, heißt das: Wir müssen jetzt gezielt investieren, um die Klimaerwärmung zu begrenzen und wenn möglich umzukehren.    

Auch die Europäische Union hat gewaltige Hilfsprogramme aufgelegt, um der Wirtschaft durch die Krise zu helfen. Wir sagen ganz klar: Das Gießkannen-Prinzip taugt hier nichts. Insbesondere darf es keine pauschalen Finanzhilfen für die Autoindustrie geben. Vielmehr muss die EU, wie es in unserem Papier heißt, „Finanzhilfen und Wirtschaftsförderung vordringlich zur Umsetzung der umweltpolitischen Ziele des Green Deal nutzen“. Für uns ist klar: Konjunktur- und Klimapolitik gehen nur miteinander! Sie müssen in Verbindung mit sozial gerechten Arbeitsplätzen stehen!