Sicherheit: „Sicher unterwegs war ein Riesenschritt“
Die Übergriffszahlen 2022 von der Deutschen Bahn liegen auf dem Tisch und sie sind wie immer erschreckend. Hat also die Kampagne „sicher unterwegs“, die die EVG seit 15 Jahren betreibt, nichts genützt? Praktiker:innen sehen das anders. Wir haben mit Kolleg:innen aus Gesamtbetriebsräten aus verschiedenen Bereichen gesprochen – über die Erfolge unserer Kampagne, über die nächsten notwendigen Schritte. Unsere Eingangsfrage war stets: Wie schätzt du die aktuelle Lage in deinem Bereich ein?
„Wir brauchen endlich den zweiten KiN im Zug“
Carola Schein, DB Regio Nordostbayern, Gesamtbetriebsrat DB Regio
Wir haben etliche Übergriffe. Es nimmt wieder zu. Manche Kolleg:innen hatten schon mehrere Übergriffe und gehen mit Angst durch den Zug. Das Deutschland-Ticket ist ja eigentlich positiv: Die Züge sind voll, aber das wirkt sich eben auch in der Zahl Übergriffe aus. Bei den personifizierten Tickets, z. B. den Ländertickets, müssen wir ja auch immer den Ausweis kontrollieren. Das geben die Aufgabenträger so vor. Das ist ein zusätzliches Konfliktpotenzial, weil die Leute angefressen reagieren, wenn sie auch noch den Ausweis zeigen sollen. Da haben wir jetzt den Arbeitgeber angeschrieben, ob man da was machen kann.
Was hat die Kampagne „sicher unterwegs“ aus deiner Sicht gebracht?
Sicher unterwegs war ein Riesenschritt. Schon allein, dass unsere KiN erstmal wahrgenommen wurden, dass sie jetzt auch eine rechtliche Basis haben, um sich wehren zu können. Und wichtig war auch der Prozess, dass sie sich Hilfe suchen können. Wir achten auch darauf, dass sie genau wissen, was sie in Anspruch nehmen können. Durch den GBR Regio konnten jährliche Deeskalationstrainings durchgesetzt werden. Diese regelmäßigen Schulungen sind auch zur rechtlichen Absicherung ein großer Fortschritt. Weiterhin konnte erreicht werden, dass jeder KiN auf freiwilliger Basis und nach erfolgter Schulung mit Tierabwehrspray ausgerüstet wird!
Wie bewertest die die RIS Abfrage?
Die RIS Abfrage ist sehr wichtig und muss auch kontinuierlich ausgebaut werden. Ziel muss sein, dass der KiN mit einem Knopfdruck viele Informationen übermitteln kann. Der Vorteil: man hat alles im System und kann gegenüber dem AG immer alles nachweisen.
Was müssen aus deiner Sicht die nächsten Schritte sein?
Die wichtigste Forderung bleibt die nach dem zweiten KiN, die erheben wir ja schon seit Jahren. Wir sind da leider nicht weitergekommen, aber das liegt auch an den Aufgabenträgern, die den zweiten KiN nicht bestellen wollen. Aber wir brauchen den zweiten KiN, es geht da ja nicht nur um unsere Sicherheit, sondern auch die der Reisenden.
Wünschenswert wäre mehr Bundespolizei, aber dort stehen wir erst an 3. Stelle, nach der Grenzsicherung und den Flughäfen. Und sie haben ja auch zu wenig Leute.
Momentan probieren wir die Bodycams aus. Gravierender Nachteil ist, dass sie nur Bild aufnehmen können. Tonaufnahmen sind datenschutzrechtlich verboten, weil wir sonst auch ja Gespräche von Unbeteiligten aufnehmen würden. Wir haben uns mit der Bundespolizei ausgetauscht und sie haben uns bestätigt, dass das ein dickes Brett ist, aber wir sollen nicht nachlassen und versuchen, auch Tonaufnahmen durchzusetzen.
In der Region Mitte probieren wir jetzt auch die Smartwatch aus. Auf Druck der Betriebsräte werden richtige Uhren angeschafft. Wir sind gespannt, was die Kolleg:innen uns als Erfahrung spiegeln.
Durch die SmartWatch wollen wir die Sicherheitslücke schließen, dass auch ein Notruf abgesetzt werden kann, wenn dem KiN das Handy aus der Hand geschlagen wurde.
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