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Verhandlungen: 11 Fakten zum jüngsten Tarifkonflikt

Die EVG hat die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn erfolgreich abschließen können. Es ist es uns gelungen, den Betriebsfrieden wiederherzustellen, indem wir Vereinbarungen für alle Kolleginnen und Kollegen erzielen konnten. Wir nennen hier 11 Fakten zum Tarifkonflikt.

11 Fakten

  1. Die EVG hat Anfang Oktober neue Forderungen an die Deutsche Bahn gerichtet. Damit wird der Tarifabschluss der GDL weder nachgezeichnet noch wird draufgesattelt. Wir sorgen aber für die gleiche Behandlung aller Beschäftigten und schaffen die Voraussetzungen dafür, dass der Betriebsfrieden wiederhergestellt werden kann.

    Die DB reagierte umgehend und hat entsprechende Angebote vorgelegt. Über sie hat der Bundesvorstand der EVG beraten. Folgende unserer Forderungen konnten umgesetzt werden:

    → Eine erhöhte und einheitliche Corona-Beihilfe für alle, die sich gemeinsam für das „Bündnis für unsere Bahn“ stark gemacht haben und unter den entsprechenden Tarifvertrag der EVG fallen.
    → Eine Überarbeitung des Entgeltsystems im gesamten Konzern. Insbesondere das Zulagensystem ist nicht mehr zeitgemäß und muss an die heutigen Erfordernisse angepasst werden. Erste konkrete Überlegungen zu einer modifizierten Struktur sind noch vor der nächsten Tarifrunde vorzunehmen.

    → Die Weiterentwicklung der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersvorsorge als ein wesentliches Standbein der Altersvorsorge - auch und insbesondere für jene Kolleg*innen, die in den nächsten Jahren zur Deutschen Bahn kommen und die bisherigen Sicherungssysteme nicht mehr in Anspruch nehmen können.
    „Wir haben immer gesagt: Dieser Tarifkonflikt ist zu Ende, wenn wir ihn beenden“, so der EVG-Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel.

  2. Der Abschluss der GDL ist materiell nicht besser als unser Abschluss von 2020. Die EVG hat vereinbart:

    → 1,5 % mehr Geld zum 01.01.2022
    → Bei einer Laufzeit bis zum 28.02.2023
    (24 Monate)

    Die GDL hat vereinbart:
    → 1,5 % mehr Geld zum 01.12.2021
    → 1,8 % mehr Geld zum 01.03.2023
    → Bei einer Laufzeit bis zum 31.10.2023
    (32 Monate)

    Das heißt: Innerhalb der vergleichbaren Laufzeit ist die Entgelterhöhung identisch. Das Vorziehen der Entgelterhöhung um einen Monat haben wir bewusst nicht nachvollzogen; dieses Volumen haben wirf vielmehr in die höhere Corona-Beihilfe einfließen lassen.

    Wenn laut GDL-Tarifvertrag die zweite Erhöhungsstufe kommt, gehen wir bereits in die nächste Tarifrunde: mit neuen Themen und neuen Forderungen. Mit einer Erhöhung von 1,8 % werden wir uns dann sicher nicht zufriedengeben.

  3. Die EVG hat bereits sehr früh eine Corona-Prämie gefordert, nämlich im April 2020; die GDL hat diese Forderung erst später erhoben. In unseren Tarifverhandlungen im Sommer 2020 sah sich die DB wirtschaftlich nicht in der Lage, eine solche Prämie zu bezahlen. Dass es sie aber geben würde, war seit der Schlichtung zwischen DB und GDL klar; damals hatte Schlichter Matthias Platzeck 800 Euro vorgeschlagen und die DB war bereit, sie zu bezahlen. Die EVG sorgt jetzt dafür, dass alle diese Prämie bekommen und nicht nur GDL-Mitglieder.

  4. Nur die EVG verhandelt für alle Beschäftigten der Deutschen Bahn – unabhängig von Berufsgruppe, Unternehmen, Beschäftigtenstatus, Betriebszugehörigkeit. Unsere Tarifverträge gelten für mindestens 95 % der Beschäftigten. Hintergrund ist die Anwendung des Tarifeinheitsgesetzes.

    → Der DB-Konzern besteht aus über 300 Betrieben
    → In 71 davon sind Beschäftigte entweder in der EVG oder der GDL organisiert („Überschneidungsbereich“)
    → 16 Betriebe davon sind im Frühjahr der GDL zugeschieden worden, weil sie dort die Mehrheit der Beschäftigten organisiert. Dort gelten unsere Tarifverträge leider nicht. Im aktuellen Tarifpaket hat die GDL Tarifverträge für die betriebsnahe Instandhaltung und die Verwaltung abgeschlossen.

  5. Um die Mehrheitsverhältnisse in den 71 umstrittenen Betrieben festzustellen, ist die GDL jetzt bereit, die Mitgliederzahlen vor Gerichten feststellen zu lassen. Die Gerichte werden dafür eine Notarkanzlei beauftragen. Genau diesem Verfahren hat sich die GDL im Frühjahr verweigert. Es hätte diese Klarheit also längst geben können.

    Strittig ist allerdings noch der Zeitpunkt. Ende September steht der 1. Januar 2022 im Raum. Das entspricht nach unserer Auffassung nicht dem Tarifeinheitsgesetz. Das TEG bezieht sich auf den Zeitpunkt des jüngsten Tarifabschlusses, und das ist der der EVG. Sollten DB und GDL bei dem verabredeten Verfahren bleiben, behalten wir uns rechtliche Schritte vor.

  6. EVG und GDL haben sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Zukunft des DB-Konzerns insgesamt. Die EVG kämpft für den integrierten Konzern, die GDL tritt für die Trennung von Netz und Betrieb ein. Dafür hat sie noch kurz vor der Bundestagswahl ein Positionspapier unterschrieben - gemeinsam mit einigen Wettbewerbern der DB und ihren Verbänden.

    Deren Interessenlage ist klar, sie wollen den Wettbewerber DB AG schwächen. Was aber ist die Interessenlage der GDL? Eine Zerschlagung des DB-Konzerns gefährdet Arbeitsplätze.

  7. EVG-Tarifverträge sind vielschichtig. Sie enthalten nicht nur Entgeltsteigerungen. Wir regeln in unseren Tarifverträgen z. B. die sichere und dauerhafte Betriebsrente für alle Beschäftigten, Arbeitszeitthemen, den Umgang mit Digitalisierungsprojekten in den Betrieben, die Besondere Teilzeit im Alter, einheitliche Rahmenbedingungen für Nachwuchskräfte etc. etc.

    Auch das EVG-Wahlmodell, der Fonds soziale Sicherung und der neue Fonds Wohnen und Mobilität sind Ergebnisse der Tarifarbeit der EVG. Übrigens: Auch die von uns verhandelten Entgeltsteigerungen sind überdurchschnittlich. Das „durchschnittliche Urlaubsentgelt“ zum Beispiel, in das auch Zulagen einfließen, ist durch unsere Tarifverträge von 2000 bis 2020 um 79 Prozent gestiegen. Rechnet man die Inflation dagegen, bedeutet das einen Reallohnzuwachs von 45 Prozent!

  8. Nicht nur haben wir mit dem „Bündnis für unsere Bahn“ in einer frühen Phase der Corona-Pandemie Verantwortung für den Schutz der Arbeitsplätze übernommen. Wir haben auch ganz konkrete Leistungen für unsere Mitglieder erreicht.

    So sind seit Anfang 2020 rund 29.000 neue Kolleg*innen eingestellt worden und fast 5.000 junge Menschen haben ihre Ausbildung in den Betrieben der DB begonnen. Für mehr als 40.000 Kolleg*innen zusätzlich gilt aktuell der besondere Kündigungsschutz, d.h. ab dem ersten Tag nach der Probezeit sind bis Ende Februar 2023 betriebsbedingte Kündigungen durch unseren Tarifvertrag mit der DB AG ausgeschlossen.

    Gemeinsam mit dem Fonds soziale Sicherung konnten wir auch ganz praktisch helfen. Zu einem Zeitpunkt, als FFP2-Masken noch schwer verfügbar waren, haben wir mehr als 180.000 von ihnen bereitgestellt, zusätzlich mehr als 10.000 weitere Corona-Schutzartikeln wie Desinfektionsmittel oder Einmalhandschuhe.

    Familien und Alleinerziehende, die in der Zeit der coronabedingten Kita- und Schulschließungen unter enormen Belastungen standen, haben wir mit einer Erhöhung des Kinderbetreuungszuschusses von 250 auf 400 Euro pro Jahr je förderberechtigtes Elternteil unterstützt. Wie stark eine Gemeinschaft ist, zeigt sich nicht zuletzt in der Krise. Unsere Gemeinschaft hat sich in der Pandemie mehr als bewährt.

  9. Die EVG setzt sich für eine gute Betriebliche Altersversorgung für alle Beschäftigten ein. Deshalb haben wir mehrere tarifliche Elemente dafür entwickelt. Das wichtigste ist der „bAV-TV EVG“. Durch ihn zahlt die DB mittlerweile fast im gesamten DB-Konzern 3 Prozent der persönlichen Bruttolohnhöhe, mindestens aber 75 Euro, plus 10 Prozent Bonus (insgesamt also mindestens 82,50 Euro) in den DEVK Pensionsfonds ein. Daneben gibt es noch den seit 1994/95 bestehenden Zusatzversorgungs-Tarifvertrag. Auf seiner Grundlage bildet die DB für jede/n Beschäftigte*n Rückstellungen; sie legt also Geld zurück, um später eine monatliche Betriebsrente auszuzahlen.

    Bereits seit Monaten verhandeln wir mit der DB AG darüber, wie der ZVersTV in ein neues zukunftsfestes System übergeleitet werden kann. Unser Ziel ist eine gute Betriebsrente für alle Eisenbahner*innen.

  10. Die EVG lehnt die Einmischung der Politik in die Tarifautonomie ganz klar ab. In der Schlussphase des Konfliktes haben offenbar geheime Verhandlungen stattgefunden, während für’s Schaufenster ein „Ultimatum“ und ein „verbessertes Angebot“ inszeniert wurden. Der EVG-Vorsitzende Klaus-Dieter Hommel hat dieses Schauspiel öffentlich zu Recht als „Seifenoper“ bezeichnet.

    Und: In dieser Phase saßen offenbar zwei amtierende Ministerpräsidenten mit am Verhandlungstisch. Auf diese Weise hat sich die Politik in unerträglicher Weise in die Tarifautonomie eingemischt und ihr damit einen Bärendienst erwiesen.

  11. Der EVG-Abschluss war nur möglich auf der Basis des „Bündnisses für unsere Bahn“. Mit diesem Bündnis und dem entsprechenden Tarifabschluss haben wir Verantwortung übernommen und Arbeitsplätze gesichert. Die GDL ist diesem Bündnis ferngeblieben und hat es z. T. sogar verhöhnt.

    Derzeit aber scheinen die Beschäftigten die einzigen zu sein, die das Bündnis noch aufrechterhalten. Auch die Bundesregierung hat bisher nicht geliefert. Die zugesagten Mittel des Bundes für die DB (die übrigens nicht nur dem Konzern, sondern der ganzen Schienenbranche zugutekommen), sind immer noch nicht geflossen – bzw. bisher ganze 28 Millionen von zugesagten 5 Milliarden Euro!

    Die neue Bundesregierung muss erklären, wie sie zum Bündnis steht und ob sie endlich bereit ist, die Verpflichtungen des Bundes einzulösen.