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Tarif

Mitgliederbefragung 2020: nach dem Abschluss ist vor dem Abschluss

Eine Mitgliederbefragung inmitten zweier Tarifrunden – ist das wirklich sinnvoll? Während der Abschluss für die bei der DB AG beschäftigten Kolleginnen und Kollegen schon seit Oktober steht, sind die Tarifkommissionen der NE-Bahnen und vieler weiterer Unternehmen noch dabei, ihre Forderungen zu beschließen. Braucht es da wirklich noch eine Befragung?

Ja, sagt EVG-Vorstand Kristian Loroch, der die Tarifarbeit in der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft verantwortet: „Gerade jetzt ist das Votum unserer Mitglieder wichtig, um einordnen zu können, wo wir Schwerpunkte setzen und wie wir die Tarifabschlüsse – sowohl bei der DB AG, wie auch bei den NE-Bahnen – gemeinsam weiterentwickeln. Denn: Nach dem Tarifabschluss ist vor dem Tarifabschluss“.

Die Grundlage zur aktuellen Mitgliederbefragung wurde wieder in mehreren Tarifwerkstätten gelegt, an denen – in unterschiedlicher Zusammensetzung – Vertreterinnen und Vertreter aller Tarifkommissionen der EVG teilgenommen haben. „Wir haben uns in einem mehrstufigen Prozess an die Themen herangearbeitet: Zuerst wurden die aktuellen Herausforderungen sowie möglichen tarifpolitischen Lösungsansätze diskutiert, dann eine Prioritätenliste der verschiedenen Themen erarbeitet“, erklärt Kristian Loroch die Vorgehensweise. 

Eine der am häufigsten genannten Forderungen sei beispielsweise der Wunsch nach Unterstützungsleistungen bei Wohnen und Mobilität. „Dem tragen wir nun mit einem neuen Instrument – dem Fonds `Wohnen und Mobilität´ – Rechnung“, so Kristian Loroch. „Über den neuen Fonds soll künftig finanzielle Unterstützung – etwa bei der Miete oder den Kosten für den Weg zur Arbeit – geleistet werden – und das ausschließlich für Mitglieder der EVG“, machte er deutlich. 


Breite Beteiligung ist wichtig
Bei der DB AG sei der „Fonds Wohnen und Mobilität“ bereits tarifvertraglich festgeschrieben, in den anstehenden Tarifverhandlungen der NE-Bahnen solle dieser ebenfalls festgeschrieben werden. „Wir sehen im `Fonds Wohnen und Mobilität´ eine Kernforderung der EVG, also einen tariflichen Anspruch, den wir in allen Unternehmen, in denen wir Tarifverträge abschließen, umsetzen wollen. Schließlich leben wir Gemeinschaft. Das Votum aller Mitglieder in dieser Frage gibt uns die nötige Rückendeckung. Deshalb ist eine möglichst breite Beteiligung wichtig“, machte EVG-Vorstand Kristian Loroch deutlich. Zudem könnte jedes Mitglied deutlich machen, wo die persönlichen Schwerpunkte liegen. 

Auch beim komplexen Thema Wissensvermittler*innen will die EVG Regelungen treffen, die in allen Betrieben gelten. „Bei manchen NE-Bahnen sind wir da schon deutlich weiter als bei der DB AG, wo wir – nach kritischer Abwägung in den zuständigen Tarifkommissionen – endlich einen in seinen Inhalten definierten Einstieg schaffen konnten. Damit ist das Thema nun auch in der Deutschen Bahn gesetzt und im Tarifvertrag festgeschrieben. Das war auch dringend nötig; ein Zurück gibt es jetzt nicht mehr“, stellte Kristian Loroch fest.

Denn bei Bus und Bahn gibt es immer mehr Quereinsteiger*innen. Das nötige Fachwissen während der Einarbeitung von Quereinsteigenden – aber auch der Ausbildung von Nachwuchskräften – wird oft von Kolleginnen und Kollegen vermittelt. „Unser tarifpolitisches Ziel ist es, dass dieses persönliche Engagement bei der Wissensvermittlung an Nachwuchskräfte und Quereinsteiger*innen von allen Arbeitgebern in unserem Organisationsgebiet finanziell honoriert wird. In der Befragung stellen wir zunächst die ganz grundsätzliche Frage, ob das unsere Mitglieder auch so sehen. Dann hätten wir eine weitere Kernforderung, dass wir dort, wo es noch keine Regelung zur Honorierung von Wissensvermittlung gibt, diese einführen und dort, wo bereits Regelungen existieren, diese weiterentwickeln werden. Dabei können die Kolleginnen und Kollegen bei den NE-Bahnen der Treiber sein, bei denen es durchaus höhere Vergütungen gibt“, so der EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch.

Thema „Mobile Arbeit“ angehen 
Eine weiterhin wichtige Rolle in der Tarifarbeit der EVG spielen die Aspekte Arbeitsplatz-sicherheit und Arbeitszeitgestaltung. Das wurde auf der jüngsten Zukunftswerkstatt – die im digitalen Format stattfand – eindrucksvoll deutlich. Sehr ausführlich, manchmal kontrovers, immer aber konstruktiv und lösungsorientiert diskutierten die Vertreterinnen und Vertreter der EVG-Tarifkommissionen die unterschiedlichsten Facetten, wobei das Thema „Homeoffice“ beziehungsweise „mobile Arbeit“ breiten Raum einnahm. „Wir haben mit unserem Tarifvertrag `Arbeit 4.0´ schon gut vorgelegt, werden uns mit dieser Frage aber sehr ausführlich beschäftigen müssen, weil wir vergleichbare Lösungen und Angebote für alle brauchen“, machte Kristian Loroch deutlich. 

Da beispielsweise Zugbegleiter*innen oder Busfahrer*innen nicht von zu Hause aus arbeiten können, muss für diese ein adäquater Ausgleich geschaffen werden, um Benachteiligungen auszuschließen“, stellte EVG-Vorstand Kristian Loroch fest, der einen intensiven Austausch mit den Betroffenen ankündigte.  

Klar wurde in der jüngsten Zukunftswerkstatt, dass auch die jetzige Mitgliederbefragung ein wichtiger Baustein zur gesamtstrategischen Aufstellung für die laufenden und kommenden Tarifrunden ist. Corona hat vieles verändert. Möglicherweise müssen wir uns in nächster Zeit auf weitere Veränderungen einstellen, auch wenn wir wieder zur Normalität zurückfinden. „Angesichts der bestehenden Ungewissheit interessiert uns sehr, wie unsere Mitglieder ihre Prioritäten setzen, wenn es um den sicheren Arbeitsplatz, verbesserte Sozialleistungen oder eine Einkommenssteigerung geht“, so Kristian Loroch. Auch dazu gibt es eine entsprechende Frage. 

Die diesjährige Mitgliederbefragung startet mit der Ausgabe dieser Imtakt und läuft online bis zum 10.12.2020. Spätestens dann sollte die in der Printausgabe beigefügte Postkarte ausgefüllt nach Berlin geschickt sein.