Beschlüsse: Bewegen, was uns bewegt
Jeder Gewerkschaftstag ist auch ein Arbeitskongress. Die Delegierten hatten über 365 Anträge zu entscheiden, quer durch alle Politikfelder, die die EVG bearbeitet. Vor allem die verabschiedeten Leitanträge stellen nun die aktuelle Beschlusslage dar – und damit die Basis für unsere Arbeit in den kommenden Jahren.
Die Leitanträge stehen unter den Titeln:
- Für gute Arbeit und eine gerechte Teilhabe
- Wandel gestalten – Fortschritt einfordern
- Senior:innenpolitik als Handlungsfeld der EVG stärken
- Für einen starken, solidarischen und zukunftsorientierten Sozialstaat
- Tarifpolitik
- Für eine sozial-ökologische Verkehrswende – gerechte und mutige Mobilitätspolitik in Deutschland und Europa
- Zukunftsfähige Organisation
Zusammengefasst werden sie wiederum in einem Dachantrag unter dem Titel „Bewegen, was uns bewegt – mit einer starken EVG: Demokratie, Frieden, Klimaschutz, Mobilität, Beschäftigungsbedingungen – sozial und gerecht für alle“. Hier legen wir die zentralen Inhalte unserer Politik fest:
Eine ambitionierte Politik für die Verkehrswende: Sie ist unverzichtbar, allein schon um die Klimaschutzziele zu erreichen. Dafür braucht es faire Arbeits- und Ausbildungsbedingungen für die Menschen, die im Verkehrsbereich arbeiten, Investitionen in die Infrastruktur und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Verkehrsträgern. „Nur so kann die Schiene ihrer Aufgabe als Rückgrat des Verkehrssystems gerecht werden. Der klimaschonende Schienenverkehr und der ÖPNV dürfen gegenüber anderen Verkehrsträgern nicht länger benachteiligt werden.“ Noch nie, heißt es weiter, „war die hervorragende Energieeffizienz der Eisenbahn und des öffentlichen Verkehrs so wichtig wie heute. Diesen Vorsprung im Personen- und Güterverkehr muss die Politik in Deutschland und Europa nutzen und fördern.“
Tarifpolitik weiterentwickeln: Im Vordergrund steht für uns das Streben nach existenzsichernden und gerechten Löhnen, „sodass aus einer Vollzeitbeschäftigung ein Einkommen erzielt wird, das zum vollständigen und guten Lebensunterhalt ausreicht, die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben ermöglicht sowie Armut im Alter verhindert.“ Zugleich bekräftigen wir das Zusammenspiel von Tarifpolitik und betrieblicher Mitbestimmung. Den EVG-Betriebsrät:innen werden „durch wirkungsvolle tarifliche Leitplanken (…) Handlungsspielräume für die betriebliche Ausgestaltung eröffnet, die den Anforderungen vor Ort gerecht werden.“ Die sozialen Aspekte unserer Tarifpolitik zeigen sich u.a. in dem klaren Bekenntnis zur Weiterentwicklung der vorhandenen Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung für alle.
Mitbestimmung stärken: Die große Quelle der Produktivität sind die Beschäftigten, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten, und dies gerade in einer Arbeitswelt, die sich im Wandel befindet. Sie gilt es zu nutzen und dabei gleichzeitig die Interessen der Beschäftigten zu wahren. Daher muss die hohe fachliche Kompetenz der Interessenvertreter:innen durch unsere Bildungsträger gewährleistet werden. Auch fordern wir gemeinsam mit dem DGB eine Fortentwicklung der Mitbestimmungsrechte: so z.B. bei den Themen Digitalisierung, betrieblicher Umweltschutz, Gleichstellung und Integration – und bei Beschäftigungssicherung und Personalbemessung, denn immer häufiger sehen sich Betriebsrät:innen mit einem zu geringen Personalbestand konfrontiert. Gestärkt werden muss auch die Unternehmensmitbestimmung: Die Flucht aus ihr muss gestoppt werden und es muss einen verbindlichen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte geben. Das Personalvertretungsrecht ist aus Sicht der EVG nicht auf der Höhe der Zeit. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften fordern daher, die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst auszuweiten.
Ein starker, solidarischer und zukunftsorientierter Sozialstaat: Wer ein Leben lang gearbeitet hat, der muss im Alter von seiner Rente leben können: Das ist unsere feste Überzeugung. „Dafür muss die gesetzliche Rente zukunftsfest ausgestaltet und verbessert werden“. Wir fordern die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent und seine Anhebung auf mindestens 50 Prozent. Als Ergänzung muss die betriebliche Altersversorgung politisch gestärkt werden. In der Pflegeversicherung fordert die EVG einen Systemwechsel „hin zur sozialen Bürgerversicherung mit einkommensabhängigen Beiträgen und beitragsunabhängigen Leistungen für alle.“ Pflege, Altersversorgung, Gesundheit – das dürfen keine Renditethema sein. Und wir fordern einen deutlichen Richtungswechsel in der Wohnungspolitik: „gesetzliche Rahmenbedingungen für bezahlbare Mieten und bedarfsgerechte Investitionen in den Wohnungsbestand und -neubau.“
Frauen in der EVG: Wandel gestalten – Fortschritt einfordern: Rund 22 Prozent der EVG-Mitglieder sind weiblich. „Es gilt, mehr Frauen für die EVG zu gewinnen und die gleichberechtigte Teilhabe in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft für sie zu sichern.“ Die EVG kämpft gegen jegliche Form der Benachteiligung von Frauen und setzt sich auf allen politischen Ebenen für eine gleichberechtigte Teilhabe der Geschlechter ein: gerechte Aufteilung von Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern, eine bessere Vereinbarkeit, mehr Frauen in Führungspositionen, Parität in den Parlamenten, besseren Schutz von Frauen vor Gewalt.
Senior:innen als wichtiger Teil der Gesellschaft und der EVG: Die Arbeitnehmenden von heute sind die Senior:innen von morgen – die EVG sieht Senior:innenpolitik daher als Querschnittsaufgabe. Mit unserer Tarifpolitik und unseren sozialpolitischen Forderungen legen wir die Grundlagen dafür, dass unsere Mitglieder im dritten Lebensabschnitt ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben führen können. Konkret fordern wir eine senior:innengerechte Mobilität, politische und auch digitale Teilhabe: u.a. „die Ausgestaltung des „Digitalpakt Alter“, um Teilhabe für ältere Menschen zu sichern und das Recht auf einen analogen Zugang zu erhalten.“
Verantwortung für und mit jungen Menschen: Die Jugend ist unsere Zukunft – auch in der Gewerkschaft. Deshalb wollen wir „der Jugendarbeit eigene Räume zur Entfaltung zur Verfügung … stellen und sie dabei … unterstützen, Forderungen zu entwickeln und auf die gesellschaftlichen Diskurse hin anzupassen.“ Politisch brauchen wir hier aber auch ein „echtes Upgrade in der Mitbestimmung, das auch den Jugend- und Auszubildendenvertreter:innen und damit auch den Nachwuchskräften zu Gute kommt.“
Interne Strukturen stärken – Antworten auf kommende Herausforderungen: Digitalisierung, Klimawandel, Globalisierung – auch die Rahmenbedingungen unseres gewerkschaftlichen Handelns ändern sich rasant. Wir wollen unsere Strukturen so gestalten, dass wir „diesen Wandel gestalten und Gute Arbeit rund um die gesamte Wertschöpfungskette Eisenbahn auch für die Zukunft sicherstellen.“ Wir wollen noch intensiver „Mitmachgewerkschaft“ sein. Hierfür wollen wir ein Repertoire an neuen Formaten der Mitarbeit entwickeln, die es jeder und jedem ermöglicht, sich in unsere Arbeit einzubringen. Die EVG „steht für eine vielfältige Gewerkschaft und will Mitglieder aus allen Bereichen und Altersstufen gewinnen, damit wir für unsere Zukunft als Gewerkschaft erfolgreich aufgestellt sind.“