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Sozialmaut: „Wir machen weiter“

Der Verein Sozialmaut e.V. will die sozialen Bedingungen der Lkw-Fahrer:innen in Deutschland verbessern. In der jüngsten Novellierung des Mautgesetzes wurde dieses Anliegen allerdings nicht berücksichtigt. Imtakt hat darüber mit dem Vorsitzenden des Vereins gesprochen, Alexander Kirchner, vielen noch bekannt als ehemaliger Vorsitzender der EVG.

Alexander, wie bewertet ihr, dass die Sozialmaut bei der Novellierung des Mautgesetzes nicht berücksichtigt wurde?
Wir sind natürlich sehr enttäuscht, dass die Regierungsfraktionen trotz der großen Zustimmung, die wir ja erfahren haben, nicht bereit waren, diese Chance zu nutzen. Denn fast alle Parteien und Fraktionen haben die Notwendigkeit unseres Ansinnens erkannt. 

Was hat der Verein Sozialmaut denn alles unternommen, um diese Forderung in der Politik zu platzieren? 
Wir haben in erster Linie den Kontakt zu den Regierungsfraktionen gesucht, und hier zu den verantwortlichen Fachpolitiker:innen für Verkehrs- und Sozialpolitik. Mit ihnen haben wir viele Gespräche geführt, aber ebenso mit den Arbeitgebern und mit den Branchenverbänden, mit befreundeten Organisationen wie dem DGB und den Schwestergewerkschaften. Wir haben versucht, Öffentlichkeit herzustellen, so waren wir z. B. bei beiden Lkw-Streiks in Gräfenhausen vor Ort, aber auch bei Veranstaltungen, die sich mit dem Thema Lkw-Verkehr in Deutschland befasst haben. 

Und bei all diesen Gelegenheiten ist euch Zustimmung signalisiert worden?
Ich denke, dass die Menschen, mit denen wir gesprochen haben, wissen, dass es so nicht weitergehen kann. Aber die Regierungsfraktionen hatten offenbar das Geld, das durch die Erhöhung der Lkw-Maut generiert wird, bereits verplant und waren nicht bereit, hier noch etwas umzuverteilen. Die Investitionen in die Schienenin­frastruktur sind absolut notwendig, keine Frage, aber wir reden hier von einem Cent pro gefahrenem Kilometer für die Menschen, die in Deutschland Lkw fahren. 

Kannst du noch einmal erläutern, was genau euer Ziel ist? 
Wir stellen fest, dass mittlerweile mehr als die Hälfte der Lkw-Fahrenden, die auf deutschen Straßen unterwegs sind, kein Anstellungsverhältnis in Deutschland, sondern im Ausland haben. Und dass die Zustände, unter denen sie arbeiten, zunehmend prekär sind. Das betrifft vor allem den Zugang zu Toiletten und generell zu sanitären Anlagen, aber auch die soziale und gesundheitliche Betreuung. Wir sehen, dass diese Menschen mitten in Deutschland ihre Arbeit unter schlimmen Bedingungen machen müssen. Sie müssen den Zugang zu Toiletten oder zu Duschen aus eigener Tasche bezahlen, und das, wo das Geld ohnehin oftmals nicht zum Leben reicht. Ziel ist, dass über die Sozialmaut 1 Cent pro gefahrenem Kilometer eingesetzt wird, um dieses Missstände zu beenden. 

Wie geht es nun weiter?
Wäre die Sozialmaut ins Gesetz aufgenommen worden, hätten wir den Verein tatsächlich auflösen können und die Leistungen für die Lkw-Fahrer:innen wären über eine Stiftung organisiert worden. Da dies nun nicht der Fall ist, machen wir natürlich weiter. Die Voraussetzungen für die Leistungen können nur über ein Bundesgesetz geschaffen werden. Und deswegen wird der nächste Schritt sein, eine Online-Petition zu organisieren. Idealerweise wird ein solches Gesetz noch in dieser Legislaturperiode geschaffen. Wenn nicht, blicken wir auf die nächste Bundestagswahl und werden in deren Vorfeld wieder die Parteien fragen, ob sie bereit sind, diese Missstände zu beenden.

Also ist das auch eine niedrigschwellige Möglichkeit für EVG Mitglieder, die Petition zu unterstützen. 
Richtig. Wir wollen das gut vorbereiten und mit einer öffentlichen Kampagne begleiten. Und es wäre schön, wenn sich möglichst viele EVG-Mitglieder auch dieser Petition anschließen würden.