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Bodycams: „Ich fühle mich sicherer“

Seit gut einem halben Jahr können Kunden­betreuer:innen bei DB Regio auf freiwilliger Basis Bodycams tragen. Das tut auch Marin Krastev, KiN bei DB Regio Mittelfranken. Für ihn gehört die Bodycam bereits zum Standard seiner Ausrüstung. Die Linien, die er befährt, belegen in den Statistiken laut DB AG traurige Spitzenplätze bei Übergriffen auf Personale. 

Marin, was hat dich veranlasst, eine Bodycam zu tragen?
Ich hatte mich am Pilotprojekt zur Erprobung der Bodycams beteiligt. Als ich davon erfahren hatte, war ich anfangs noch skeptisch. In dieser Zeit habe ich aber festgestellt, dass dieses kleine Teil eine positive Wirkung vermittelt - vor allem mir selbst, aber auch den Fahrgästen im Zug. Jeder weiß: kleines Gerät – im Falle eines Falles: große Wirkung. Die Bodycam schreckt ab. Die gemeldeten Übergriffe auf Zugpersonale zeigen, dass die Strecken, auf denen ich fahre, als Strecken mit erhöhtem Gefahrenpotential eingestuft sind. Die Bodycam vermittelt dann wiederum ein gutes Gefühl. Wie ein „Securityguard“.

Wie dürfen wir uns den Umgang mit deinem „Bodyguard“ vorstellen?
Wenn ich die Bodycam nach meinen Diensten abnehme und in den Ladeschrank zurückstelle, ist die Mini-Festplatte des Gerätes bis jetzt immer leer geblieben. Bislang gab es keine Situationen, wo ich sie eingesetzt haben müsste. Ich mache das schon an der Wirkung der Cam an meiner UBK fest. Ergibt sich eine brenzlige Situation, in welcher wir die BC aktivieren, müssen wir es dem entsprechenden Fahrgast zuvor ankündigen. Selbst das kam noch nicht vor. Sollte es doch mal einen BC-Einsatz gegeben haben, werden die Bilder ausschließlich von der Bundespolizei ausgewertet. Leider gibt es noch keine 1:1-Übertragung im Ernstfall.  

Wie reagieren die Fahrgäste auf die Bodycams?
Im Dienst kommt es immer wieder mal vor, dass Fahrgäste verunsichert sind und darum bitten, nicht gefilmt zu werden. Ich erkläre dann, dass keine Daueraufnahmen gemacht werden. Oft erhalte ich dann sogar Zustimmung und die Fahrgäste befürworten die Bodycams zu unserer und ihrer Sicherheit. Zusätzlich gewinne ich unterwegs bei jeder Ticketkontrolle das Gefühl, dass die Kunden in diesem Moment respektvoller reagieren. So tragen die Bodycams quasi präventiv zu einem guten Umgang im Zug bei. 

…und deine Kolleg:innen?
Nicht jeder von ihnen kann oder konnte sich damit anfreunden. Es herrscht hier und da eine gewisse Skepsis, aber immer mehr von ihnen befürworten, ebenfalls eine BC zu tragen. Die Hartnäckigkeit der EVG und des Gesamtbetriebsrates von DB Regio haben dazu beigetragen, dass der Arbeitgeber endlich diese Möglichkeit anbietet. Dafür sind wir schon sehr dankbar. Ich denke, alle Zugbegleiter und vor allem Zugbegleiterinnen in Regionalzügen sollten damit ausgestattet werden. Die Zahlen der Übergriffe auf Frauen sind höher, als auf uns männliche Kollegen. In die flächendeckende Prävention mit Bodycams zu investieren kann nur sinnvoll sein. Bahnfahren muss auch für die Beschäftigten durch mehr Sicherheit attraktiver werden. Deswegen: Tragt Bodycams, liebe Kolleg:innen. 


Die Zahl der Übergriffe auf Beschäftigte nimmt überall in unserer Branche zu. Teils erreicht sie besorgniserregende Höchststände. Das belegen immer wieder Studien, wie zuletzt eine von der EVG durchgeführte Umfrage unter Beschäftigten im Kundenkontakt. Aus einer anderen Studie (DGB, 2023) geht hervor, dass ca. 41 Prozent der Befragten aus dem Verkehrssektor mindestens einmal im Jahr Opfer von Gewalt werden. Die Dunkelziffer liegt weit höher: Knapp 70 Prozent der erlebten Übergriffe werden gar nicht gemeldet. Die EVG sieht darin einen absolut dringenden Handlungsbedarf.