Drei Fragen an… Roman Hebenstreit.
Roman ist Vorsitzender unserer österreichischen Schwestergewerkschaft vida. Auf Einladung der Linksfraktion im Bundestag hat er als Sachverständiger Anfang Oktober an der Anhörung im Bundestag teilgenommen.
Roman, in der Anhörung kam die ganze Bandbreite der Argumente zum Integrierten Konzern auf den Tisch. Wie blickt ihr in Österreich auf die Diskussion in Deutschland?
Ich will keine Ratschläge erteilen, aber ich will die Politik in Deutschland ermutigen, nicht in Strukturdebatten auszuweichen. Sie sind manchmal notwendig, aber sie dürfen sich nicht verselbstständigen. Sie wirken lähmend und man verliert dadurch Zeit, die man nicht hat. Die erfolgreichsten Güterbahnen sind die US-amerikanischen. Und die erfolgreichsten Personenbahnen sind die japanische und in Europa die Bahnen in der Schweiz und Österreich. Alle eint, dass sie nicht im Traum daran denken, Rad und Schiene zu trennen. Wer Rad und Schiene voneinander trennt, der riskiert Synergieverluste, neue Schnittstellen, zusätzliche Kosten und negative Folgen für die Qualität und Sicherheit des Schienenverkehrs. Das sollten sich alle Verantwortlichen ins Bewusstsein rufen.
Gab und gibt es denn politische Bestrebungen in Österreich, Netz und Betrieb zu trennen?
2005 gab es auch bei uns Bestrebungen, Netz und Betrieb zu trennen. Auch die Privatisierung von Lehrwerkstätten und Werkswohnungen lag auf dem Tisch. Die Debatte mündete in einem klaren Bekenntnis zum integrierten Konzern. Dazu gehört auch die Größe, politische Fehler zu korrigieren. Denn tatsächlich wurden innerhalb der ÖBB-Infrastruktursparte Bau und Betrieb getrennt. Das Ergebnis war, dass sich beide Bereiche separat „ausoptimiert“ haben. Nachdem die Zahl der Langsamfahrstellen aufgrund von Baumaßnahmen explodiert ist, wurden die beiden Bereiche wieder zusammengelegt.
Was können wir in Deutschland von euch als erfolgreiche Bahnnation lernen?
Bei allen Bahn-Kennziffern – Pro-Kopf-Investitionen in die Infrastruktur, Pünktlichkeit, Modal Split im Güterverkehr – steht Österreich besser da als Deutschland. Der Grund dafür ist, für eine erfolgreiche Bahn braucht es in erster Linie verkehrs- und auch gesellschaftspolitische Ziele. Wir haben uns in Österreich entschieden, größtmögliche Mobilität zu ermöglichen und die Bahn zum Rückgrat des öffentlichen Verkehrs und des Klimaschutzes zu erklären. Hierfür sind allerdings nicht nur Investitionen erforderlich, sondern auch Controlling und Fachwissen. Der zielorientierte Ausbau der Eisenbahn, zwischen Bund und Ländern abgestimmt, wird in Österreich durch einen Rahmenplan abgesichert, der die Finanzierung für jeweils sechs Jahre garantiert. So steht schon heute fest, dass der Staat bis 2028 insgesamt 29,4 Milliarden Euro in Schienen und Fahrzeuge investieren wird, das sind 6,6 % des Bruttoinlandsproduktes. Es ist also auch wichtig, konsequent an der Umsetzung der gesteckten Ziele dranzubleiben!