imtakt
Top Themen
Anmelden oder Registrieren

Interview Familie und Frauen

Frauennetzwerk DB und EVG-Frauen: Frauen sollten sichtbarer werden

Seit fünf Jahren gibt es das Frauennetzwerk bei der Deutschen Bahn. 2.400 Kolleginnen gehören ihm mittlerweile an. Welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit gibt es zwischen dem Netzwerk und den EVG-Frauen? Dazu haben wir mit Britta Blahnik, der Sprecherin des Frauennetzwerkes, und Vera Argauer, stv. Vorsitzende der Bundesfrauenleitung der EVG gesprochen.

Vera Argauer

Frau Blahnik, welche Bedeutung hat das Frauennetzwerk bei der DB AG?
Unser Name ist Programm: „Frauen bei der Bahn“ ist ein Netzwerk für alle Mitarbeiterinnen der Deutschen Bahn aus allen Geschäftsfeldern. Hier können sie sich kennenlernen, gegenseitig unterstützen und Erfahrungen austauschen. Uns alle eint die Grundüberzeugung: Frauen machen immerhin die Hälfte der Bevölkerung aus und sollten auch in unserem Unternehmen viel sichtbarer werden und zu den Zielen unserer Unternehmensstrategie „Starke Schiene“ beitragen. Wir wissen auch: Gemischte Teams machen Unternehmen erfolgreicher. Wir übernehmen daher Verantwortung und sind im Dialog zu den vorgeschlagenen Maßnahmen zur Frauenförderung im Konzern.

Vera, welche Rolle spielt Netzwerken für die Frauen und die Frauengremien der EVG?
Gewerkschaftsfrauen sehen sich in ihrem Engagement nie als Einzelkämpferinnen für die eigenen Interessen, sondern immer als Vertreterinnen für die Mitglieder ihrer Organisation. Um das zu gewährleisten, ist die Netzwerkbildung ein absolutes Muss. So finde ich immer eine Kollegin, die ich fragen kann und wir können uns gegenseitig mit Tipps unterstützen. Vor allem aber können wir besser gemeinsam Veränderungen anstoßen und umsetzen. Die heutigen digitalen Möglichkeiten geben mir da ganz großartige Werkzeuge an die Hand, ersetzen jedoch keinesfalls den persönlichen Kontakt.

Warum braucht es eigentlich Frauenförderung und wie kann diese aussehen?
Blahnik: Studien haben gezeigt, dass mehr Chancengerechtigkeit bis 2025 ein zusätzliches Bruttoinlandsprodukt von 12 Prozent bedeutet. Dazu müssen wir alle unseren Beitrag leisten. Wir haben aus dem Frauennetzwerk deshalb bereits 2018 ein Mentoringprogramm aufgelegt, das dazu beiträgt, den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen. Gleichzeitig gestalten wir den Kulturwandel mit, bauen Vorurteile ab und unterstützen Frauen, attraktive Führungspositionen erfolgreich anzustreben. Die Anzahl der Bewerberinnen nimmt von Jahr zu Jahr zu. Darüber freue ich mich sehr und deshalb werden wir das Programm in den nächsten Jahren auch fortsetzen. 

Argauer: Wir müssen unterscheiden, ob eine Förderung von Frauen dem beruflichen Aufstieg dient oder es darum geht, für Frauen die Möglichkeiten zu schaffen, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Es geht eben nicht nur um Karriere, sondern für alle Frauen darum, Privat- und Berufslebens vereinbar zu machen. Hierfür brauchen wir verlässliche und ggf. besondere Arbeitszeiten. Außerdem die Möglichkeit, die Betreuung von Kindern und Pflegenden gut zu vereinbaren und ausreichend Personal in den Verkehrsunternehmen, um gute Arbeitsbedingungen sicher zu stellen. Wir brauchen Förderprogramme, die Frauen unterstützen, die Karriere voran zu treiben und den beruflichen Aufstieg zu bewältigen. Schließlich wollen wir - und damit sind wir ja nicht allein – mehr Frauen in Führungspositionen. Dafür braucht es aber überall mehr Frauen, denn niemand wird als Führungskraft geboren, sondern wir brauchen diese Förderung und Programme dazu auf allen Ebenen.


Britta Blahnik

Über welchen Erfolg habt ihr euch zuletzt gefreut?
Argauer: Das war die langerwartete und überfällige Entscheidung des Bahnvorstandes, bei der Besetzung von Vorständen auf eine Frauenquote zu achten. Ich würde mir wünschen, dass auch bei der Besetzung von anderen Positionen eine Frauenquote paritätisch zum Tragen kommt. Hier haben wir noch viele Baustellen. Wir hoffen, einige davon gemeinsam mit dem Netzwerk „Frauen bei der Bahn“ angehen zu können. 

Blahnik: Der Beschluss des Vorstandes ist ein Paukenschlag. Er geht aber auch auf das Engagement des Frauennetzwerks zurück. Frauen wird oft nachgesagt, sie würden im Berufsleben zu wenig fordern. Genau hier haben wir angesetzt und dem DB Vorstand fünf konkrete Forderungen gestellt. Die wichtigste davon: 30 Prozent der DB-Frauen in Führung bringen. Wir haben nicht schlecht gestaunt, als Richard Lutz als Gast unserer Veranstaltung direkt nach Formulierung unseres Ziels auf die Bühne ging und die Forderungen unterschrieben hat. Damit haben wir wohl direkt ins Schwarze getroffen. 

Was muss sich im Eisenbahn- und Verkehrssektor in Deutschland verändern, damit Frauen hier gut und sicher arbeiten können?
Blahnik: Viele Frauen schätzen die DB AG als sicheren Arbeitgeber auch in Krisenzeiten. Wir haben eine Befragung im Konzern unterstützt, die sich mit der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben befasst hat. Dabei wurde deutlich, dass die Rahmenbedingungen bereits gut sind, aber noch besser kommuniziert werden sollten. Außerdem wird hoher Wert auf die Bindung während der Elternzeit gelegt, das gilt im Übrigen für Männer und Frauen. Es werden flexible Arbeitszeitmodelle gewünscht, das sollte auch in Führungspositionen möglich sein.

Argauer: Politische Entscheidungen, die im Verkehrssektor getroffen werden, sollten nicht die Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes nach sich ziehen. Hierzu bedarf es z.B. Regelungen, die bei einem Betreiberwechsel eine Absicherung bieten. Aber auch alle politischen Maßnahmen zur Stärkung des Schienenverkehrs haben Einfluss auf die Gestaltung unserer Arbeitswelt. Hier ist der neue „Masterplan Schiene“ ein wichtiger Baustein. Jetzt muss der Masterplan auch umgesetzt werden und nicht nur ein Versprechen bleiben. Das werden wir genau beobachten.