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Alterssicherung: Unzulässige Doppelbesteuerung von Renten – Bundesfinanzhof macht wegweisende Vorgaben

Seit mehreren Jahren fordert die EVG mit den anderen DGB-Gewerkschaften die Politik zum Handeln auf, eine drohende Doppelbesteuerung von Renten zu verhindern. Nach langer Untätigkeit der Politik hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) gleich in zwei Urteilen genaue Vorgaben dazu gemacht, die insbesondere Auswirkungen auf künftig in Rente Gehende haben wird.

Was bedeutet Doppelbesteuerung?
Eine unzulässige Doppelbesteuerung würde vorliegen, wenn während des Erwerbslebens mehr Beiträge aus versteuertem Einkommen in die Rentenkasse eingezahlt wurden, als man im Alter als steuerfreie Rente erhält – hochgerechnet auf die durchschnittliche Lebenserwartung. Bislang hatte das Bundesfinanzministerium dabei den steuerlichen Grundfreibetrag (aktuell 9.744 Euro/Jahr) gegengerechnet, der allen Beschäftigten und Rentner*innen zusteht.

Was gibt der BFH für die Berechnung vor?
Laut des höchsten Finanzgerichts darf aber lediglich der originäre Rentenfreibetrag von der Finanzverwaltung als steuerfreier Rentenbezug gewertet werden. Dieser fällt im Zuge der nachgelagerten Besteuerung für künftige Rentner*innen jedes Jahr (2021: 19 % der Rente) geringer aus – bis er für Neurentner*innen ab 2040 gänzlich entfällt. Der Grundfreibetrag, der das steuerliche Existenzminimum sichern soll, darf laut BFH nicht herangezogen werden, um eine doppelte Besteuerung von Renten rechnerisch zu vermeiden. Gleiches gilt für die steuerlich abziehbaren Beiträge der Rentner*innen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Damit dürfte in den kommenden Jahren in immer mehr Fällen eine unzulässige Doppelbesteuerung drohen.

Was folgt daraus?
In den Ende Mai entschiedenen Einzelfällen konnten die BFH-Richter*innen zwar keine Doppelbesteuerung feststellen, da die jeweiligen Rentenfreibeträge durch den früheren Renteneintritt entsprechend hoch sind. Daher dürfte bei jetzigen Renten nur im Einzelfall, insbesondere bei vormals Selbständigen, möglicherweise eine Doppelbesteuerung vorliegen. Jahr für Jahr dürften allerdings unter den neuen Vorgaben des BFH mehr Klagen eingereicht werden. Bereits jetzt waren im Verfahren rund 140.000 Einsprüche gegen Steuerbescheide anhängig.

Was fordert die EVG?
„Die beiden BFH-Urteile sind wegweisend und im Sinne der Forderungen der EVG“, sagt der stellvertretende EVG-Vorsitzende Martin Burkert. „Wir fordern schon lange von der Politik, endlich dafür zu sorgen, dass eine Doppelbesteuerung von Rentenbeiträgen und Renten systematisch ausgeschlossen wird.“ Die EVG fordert gemeinsam mit dem DGB, dass der Übergang zur vollen nachgelagerten Besteuerung der Renten gesetzlich deutlich über das Jahr 2040 hinaus gestreckt wird. Das hätte zur Folge, dass sehr viel länger als derzeit vorgesehen ein Teil der Rentenleistung nicht besteuert werden darf.

Wie geht es jetzt weiter?
Der Gesetzgeber ist durch die Urteile nicht unmittelbar zum Handeln gezwungen. Weitere Klagen könnten aber bis zum Bundesverfassungsgericht gelangen. Dem könnte die Politik vorgreifen: Laut Bundesfinanzminister Olaf Scholz müsse die nächste Bundesregierung schnell eine Steuerreform umsetzen, um eine doppelte Besteuerung von Renten zu vermeiden. Klar ist aber: Die DGB-Gewerkschaften werden sich dafür einsetzen, dass es dabei nicht nur bei einer in Aussicht gestellten vorgezogenen vollständigen Absetzbarkeit der Rentenbeiträge bleibt, die ohnehin 2025 gesetzlich greift. Denn dies würde nur wenig Wirkung zeigen und vor allem niemandem helfen, der bereits Rente bezieht.

Über die weiteren Entwicklungen werden wir informieren und ggf. Handlungsempfehlungen geben.