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Interview Jugend Gemeinschaft

Jugend: Eine von uns!

Diesmal mit Anna Gmeiner, Gewerkschafterin, Frauenrechtlerin und KBR Referentin aus Regensburg.

»Gleichstellung betrifft alle,
auch Männer.«

Hallo Anna! Ich freu mich richtig, dass du die Zeit gefunden hast für mich und für ein kleines Interview. Erzähl doch mal, wer bist du? Was machst du? Wo kommst du her?
Lieber Daniel, ich freue mich, dass ich heute deine Interviewpartnerin sein kann. Mein Name ist Anna, ich bin 31 Jahre alt und wohne in Regensburg. Derzeit arbeite ich als Referentin des KBR und Regionale Jugendkoordinatorin der Region Süd. Ich habe 2007 mit einer Ausbildung als Kauffrau für Verkehrsservice bei der DB Fernverkehr AG in Nürnberg gestartet. Für mich war früh klar, dass ich mich gerne für meine Kolleg:innen engagiere und für bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen kämpfen will. Daher habe ich mich auf allen Ebenen in der betrieblichen Interessenvertretung eingebracht, bei mir vor Ort in der JAV, als Vorsitzende der GJAV und als stellvertretende KJAV Vorsitzende. Nach meiner Ausbildung war ich als Zugbegleiterin und Zugchefin unterwegs, wenn ich nicht gerade für die JAV im Einsatz war. Zu Beginn meiner Ausbildung bin ich auch Mitglied der EVG, damals noch TRANSNET, geworden und habe mich in den Jugendgremien der EVG eingebracht.

Gab es in der EVG eine Aufgabe, die dir besonders viel Spaß gemacht hat?
Über die Bundesjugendleitung wurde ich in die Tarifkommission zum Nachwuchskräfte-Tarifvertrag entsandt. Das war eine besonders spannende Aufgabe. Tarifverhandlungen finden nicht alle Tage statt; hier einen Einblick zu bekommen, wie Verhandlungen ablaufen und auch dafür zu sorgen, dass die Forderungen der Jugend umgesetzt werden, war großartig.

Die JAV-Zeit endet ja bekanntlich mit 25 Jahren, was hast du nach deiner Zeit als JAVi gemacht?
Ich habe mich für ein Studium der Politik- und Rechtswissenschaft in Regensburg entschieden. Die Gewerkschaftsarbeit hat mich auch hier nicht losgelassen und ich habe mich auch während meines Studiums, so gut es eben ging, aktiv eingebracht. In Regensburg habe ich mit einigen Kolleg:innen eine OJL gegründet und mich in der DGB Jugend engagiert, für die ich auch im Stadtjugendring aktiv sein darf. Meine Abschlussarbeit habe ich über das Tarifeinheitsgesetz geschrieben, also auch hier immer mit Bezug zur Gewerkschaftsbewegung. Es freut mich total, dass ich nach meinem Studium wieder im Konzern einsteigen konnte und Jugendarbeit zu meinem Beruf machen konnte. Jeden Tag mitzugestalten in der Gewissheit, dass das, was ich tue, für die über 10.000 Nachwuchskräfte relevant ist, ist ein wahnsinnig tolles Gefühl.

Du bist jetzt auch Ortsfrauenleiterin in Regensburg. Warum ist dir gerade der Kampf für Frauenrechte wichtig?
Naja, es ist ja schon so, dass Frauen immer noch benachteiligt werden. Egal ob Lohnungleichheit, Diskriminierung bei Wahlen bzw. Stellenbesetzungen oder die Mehrbelastung durch Care-Arbeit sind nur einige wenige Beispiele, an denen dringend noch gearbeitet werden muss. Ich möchte einfach in einer Gesellschaft leben, in welcher sich alle Frauen ohne Angst vor Benachteiligung, Aggressionen, Belästigungen oder Diskriminierungen wohlfühlen und leben können. Damit wir dorthin kommen, kämpfe ich für Verbesserungen – jeden Tag.

Wenn du die Zeit vor und nach deinem Studium vergleichst, was hat sich im Hinblick auf die Jugend- und Frauenarbeit verändert?
Also ich sehe natürlich schon, dass strukturelle Probleme nach wie vor da sind. Bei Gremienbesetzungen sind Jugend und Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Aber es gibt auch parallele Themen, bei denen sich eine engere Zusammenarbeit bezahlt machen könnte. Zum Beispiel bei der Mitgliederwerbung: Jugend und Frauen sind immer noch in der Unterzahl, obwohl in der Branche viel rekrutiert wird. Da sollten wir gemeinsam überlegen, wie wir dieses Problem gemeinsam lösen können. Positiv fällt mir auf jeden Fall auf, dass gerade die Jugend enger zusammengerückt ist. Die früheren Rivalitäten zwischen den Regionen gibt es nicht mehr.

Wo siehst du hier noch Nachholbedarf? Was würdest du auch in der EVG gerne verändern?
Gewerkschaften sind schon immer eher männlich dominiert. Ich finde, wir sollten, um Frauen den Eintritt in unsere Gemeinschaft zu erleichtern, mal darüber nachdenken, Gremien mit mehr Frauen zu besetzen. Oft sind Frauen entsprechend der Mitgliedsstruktur auch in den Gremien vertreten, aber einen Beitritt erschwert es sicher manchmal, so einen überwiegend männlichen Apparat zu sehen. Und wir müssen aufhören, Themen einzelnen Personengruppen zuzuordnen. Gleichstellung betrifft alle, auch Männer.

Hast du einen Tipp für motivierte junge Kolleginnen, wie sie sich engagieren können?
Gleichgesinnte finden und nicht vom Weg abbringen lassen, selbst wenn es mal schwierig wird. Das sind die beiden wichtigsten Punkte, der Rest kommt ganz von allein. Entweder ich spreche aktive Kolleg:innen an oder aber ich schaue, wo ich ein paar ebenfalls Interessierte finde. Das gilt natürlich nicht nur für junge Frauen.

Gibt es Parallelen bei den Themen der EVG Jugend und den EVG Frauen?
Definitiv. Zum Beispiel bei der Mitgliederwerbung, Jugend und Frauen sind in unserer Organisation unterrepräsentiert. Da sollte man gemeinsam überlegen, wie wir dieses Problem lösen. Gemeinsam geht immer mehr.

Kleine kontroverse Frage zum Ende: Bist du Pro oder Contra Frauenquote?
Im ersten Schritt auf jeden Fall Pro, denn auf anderem Wege bekommst du dort keine Frauen rein. Frauen mit Kindern etc. haben immer einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Männern.

Zum Schluss noch unsere üblichen privaten Fragen… Was machst du, wenn du deine Arbeit und dein ehrenamtliches Engagement mal ausblendest? Wie schaltest du ab?
Wenn ich mal abschalten möchte, mache ich gern Sport, gehe wandern oder lese ein Buch. Andere Hobbys wie Konzerte oder sich mit Freund:innen treffen hat sich durch Corona leider etwas reduziert. Aber ich hoffe auf ein Danach.

Das war Eine von uns! Folge 3.

(Verwendete Abkürzungen: KBR = Konzernbetriebsrat, JAV = Jugend- und Auszubildendenvertretung, GJAV = Gesamt Jugend- und Auszubildendenvertretung, KJAV = Konzern Jugend- und Auszubildendenvertretung, OJL = Ortsjugendleitung)