Bundeshaushalt 2022: Verkehrswende verkehrt?
Viel hat sich die Bundesregierung vorgenommen: Investitionen in die Schiene hochfahren, mehr Geld für die Schiene als für die Straße. Doch der aktuelle Bundeshaushalt ist eine Enttäuschung. Die EVG fordert mehr Tempo insbesondere durch mehr Investitionsmittel für die Infrastruktur, sonst wird das nichts mit der Verkehrswende.
„Wir brauchen einen Sprint und kein Schneckentempo“, sagt der stellvertretende EVG-Vorsitzende Martin Burkert. „Der aktuelle Bundeshaushalt 2022 ist verkehrspolitisch ein Rückschritt. Damit wird das erklärte Ziel der Bundesregierung, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, nicht erreicht.“
Im aktuellen Koalitionsvertrag ist nicht nur vorgesehen, dass mehr Geld in die Schiene als in die Straße investiert wird, sondern generell auch ein Aufwuchs der Investitionen in die Schiene. Doch was für 2022 auf dem Tisch liegt, ist ernüchternd:
- Der Verkehrsetat beträgt 36 Milliarden Euro – das sind 5,3 Milliarden weniger als 2021.
- Für die Bundesschienenwege stehen insgesamt 9,6 Milliarden zur Verfügung - im vorigen Jahr waren es noch 12,3 Milliarden.
Der EVG-Verkehrsausschuss diskutierte diese Zahlen auf seiner jüngsten Sitzung Anfang Juni in Berlin. Dafür wurden zwei politische Gäste eingeladen. Martin Kröber (SPD), eines von vier EVG-Mitgliedern im Bundestag, analysierte ausführlich die aktuelle Finanzierungslage der Schiene - und brachte u.a. die Information mit, dass auch der Haushaltsausschuss des Bundestages das Thema kritisch verfolgt.
Der Ausschuss hat die Bundesregierung deutlich aufgefordert, mit dem Vorhaben mit dem Vorhaben, mehr Geld in die Schiene als in die Straße zu investieren, endlich ernst zu machen. Susanne Menge (Bündnis90/Grüne) räumte ein, dass Deutschland mit dem aktuellen Bundeshaushalt seine Klimaschutzziele nicht erreichen werde. Ursache seien die schwierigen Aushandlungsprozesse in einer Dreierkoalition.
So tritt aktuell auch der Deutschlandtakt auf der Stelle, der aber essentiell wichtig ist für die Umsetzung der dringend notwendigen Verkehrswende. Gemeinsam mit der Allianz pro Schiene und ihren anderen Mitgliedsverbänden hat die EVG das auch öffentlich kritisiert. Immerhin hat Ende Juni nun die sog. „Beschleunigungskommission Schiene“ ihre Arbeit aufgenommen, die wesentliche Hürden beim Netzausbau identifizieren und abbauen soll. „Wir brauchen dringend Ergebnisse, damit der Ausbau der Schieneninfrastruktur schneller vorankommt“, so EVG-Vize Martin Burkert.
Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Gleich nach der Sommerpause wird es in die Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2023 gehen - und dieser wird zeigen, „wie ernst es die Ampelkoalition mit der Umsetzung ihrer verkehrs- und klimapolitischen Ziele wirklich meint“, so Martin.
Er übte zugleich deutliche Kritik an Verkehrsminister Volker Wissing: „So schnell hat wohl noch kein neuer Verkehrsminister seinen Vertrauensvorschuss verspielt.“