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Politik

EGB-Kongress: 50 Jahre Europäischer Gewerkschaftsbund

Sein Jubiläum feierte der Dachverband der europäischen Gewerkschaften während seines 15. Kongresses in Berlin. Ein Kongress ganz im Zeichen der Solidarität: unter den Arbeitnehmer:innen in Europa, aber auch über die europäischen Grenzen hinaus.

Aus aktuellem Anlass verabschiedeten die rund 600 Delegierten am letzten Konferenztag noch die Resolution „Streikrecht als universelles Recht“. Denn in einzelnen Mitgliedsstaaten gab es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Bestrebungen, das Streikrecht einzuschränken. Auch in Deutschland gibt es entsprechende Stimmen. „Wer glaubt, das Streikrecht bekämpfen zu müssen“, so der neue EGB-Präsident Wolfgang Katzian, „muss mit dem Widerstand der gesamten europäischen Gewerkschaftsbewegung rechnen.“

Unter dem Titel „Together for a Fair Deal for Workers” verabschiedete der EGB-Kongress in Berlin seine Leitlinien für die kommenden vier Jahre. Gemeinsam gegen prekäre Arbeitsbedingungen, eine neue Welle der Austeritätspolitik, Diskriminierung und das Erstarken des Rechtsextremismus in Europa – das sind vier der Kernziele des EGB in den kommenden Jahren. Außerdem werde sich der EGB für lebenslanges Lernen, faire Mobilität, gute Arbeitsbedingungen und eine soziale sowie nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft stark machen. 

Große Zustimmung fand die Forderung, gemeinsam für gewerkschaftliche Werte, den Grundsatz „Menschen vor Profite“ und internationale Solidarität einzutreten. Auch auf das „Berliner Manifest“ konnten sich die anwesenden Gewerkschaftsverbände verständigen. In diesem hat sich der EGB eine Reihe von Zielen gesteckt. Unter anderem gehört dazu, Maßnahmen gegen die Inflation zu fordern, die Transformation der Arbeitsplätze durch neue Technologien mit und nicht gegen die Arbeitnehmenden zu gestalten, sowie Frieden und Sicherheit in Europa zu stärken.

Zudem wurde eine Grundwerte-Charta beschlossen. In dieser distanziert sich der EGB von rechtem und rassistischem Gedankengut sowie jeder Form von Diskriminierung Die Delegierten wählten auch die EGB-Spitze für die kommenden Jahre.

Neuer Präsident ist Wolfgang Katzian, Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes ÖGB. Als Generalsekreträrin wurde Esther Lynch aus Irland bestätigt. Sie wird von fünf Kolleg:innen in der Geschäftsführung unterstützt, u.a. von unserer DGB-Kollegin Isabelle Schömann. Der EVG-Vorsitzende Martin Burkert, der als einer der Delegierten am Kongress teilnahm, gratulierte den Gewählten. „Wichtige Aufgaben liegen vor uns. Europa muss langfristig Arbeitsplätze sichern – dabei müssen europäische Normen von Sozialstandards und betrieblicher Mitbestimmung nicht nur verbindlich gelten, sondern ausgebaut werden“, so Martin Burkert. „Ziel sind gute Arbeitsbedingungen und eine große Tarifbindung im gesamten Produktions- und Marktstandort Europa. EU-Mittel und die Vergabe öffentlicher Aufträge dürfen daher nur an Unternehmen gehen, die Tarifverträge abgeschlossen haben. So stärkt man Tarifbindung und damit auch die Arbeits- und Sozialbedingungen.“

Er verwies darauf, dass die EU-Kommission derzeit untersucht, ob die Übernahme von Verlusten der Schienengüterverkehrsunternehmen Fret SNCF und DB Cargo durch ihren jeweiligen Mutterkonzerne unerlaubte staatliche Beihilfen darstellen.

„Europa muss schnell die Beihilfeverfahren im Schienengüterverkehr klären – für beide Unternehmen braucht es endlich gute Lösungen im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“ Es gelte zu verhindern, dass hier Exempel an den großen staatseigenen integrierten Bahnen statuiert werden sollten. „Es bedarf vielmehr eines positiven Signals, dass der Schienengüterverkehr auch künftig einen wichtigen Part im Rahmen einer klimafreundlichen Politik und der Verkehrswende hat.“


Hochkarätig war die Liste der Redner:innen, die im Laufe des Kongresses auftraten:
Die Marktgläubigkeit der Politik müsse aufhören, so die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi. Stattdessen wolle sie ein Europa, das langfristig Arbeitsplätze sichert, dabei aber Sozialstandards und betriebliche Mitbestimmung ausbaut. Sie forderte, dass es keine EU-Mittel ohne Tarifbindung geben solle. 

Als eine wichtige Säule der Demokratie bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz die Gewerkschaften und machte klar, dass wir die aktuellen Krisen nur vereint und solidarisch bewältigen können. Dass über einen Mindestlohn so viel diskutiert werden muss, sei ein Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimme in der Wertschätzung der Arbeit. Gute Tarifabschlüsse dagegen seien ein Zeichen des Respekts der Arbeitgeber gegenüber den Beschäftigten.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bekräftigte die Wichtigkeit von Tarifverträgen und forderte die Vergabe öffentlicher Aufträge nur an Unternehmen, die Tarifverträge abgeschlossen haben. Er dankte darüber hinaus dem EGB und dessen Mitgliedsgewerkschaften für die jahrelange gute Zusammenarbeit.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, ging vor allem auf die Rolle der Frauen ein. Sie lobte die Gewerkschaftsbewegung für ihre Vorreiterrolle bei der Gleichstellung. Wichtige Errungenschaften der Geschlechtergerechtigkeit seien ein Erfolg der Gewerkschaften Europas.

Der EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte Nicolas Schmit stellte besonders die Wichtigkeit der kürzlich von der EU beschlossenen Richtlinie zum Mindestlohn heraus. Darüber hinaus betonte er, dass die Tarifbindung als ein wichtiger Bestandteil fairer Löhne in der EU gestärkt werden müsse.