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Familie und Frauen

Frauen wählen ihren Traumberuf: „Aus dem Beruf wurde eine Berufung“

Beruflicher Neustart mit Anfang 50? Klingt für manche Menschen unwirklich. Für Claudia Buhren war es kein Wagnis, vielmehr ein lohnender Schritt. Sie ist ein großartiges Beispiel für eine Quereinsteigerin, die mit ihrer Geschichte Mut macht.

„Versuch macht klug“, sagte sie sich ließ ihren Worten Taten folgen. Die ursprünglich gelernte Vermessungstechnikerin, später Vollzeitmutter und dann Klinikmitarbeiterin, stellte sich der Wahl des eigenen Gewissens, „entweder weiter wie bisher oder mit Volldampf in eine neue Richtung“. Im Jahr 2013 hat sie bei der Deutschen Bahn nicht nur einen neuen Job als Lokführerin gefunden, sondern seitdem auch Karriere gemacht.

Alles fing an, als ihr in einem Zaungespräch ein Nachbar und früherer Bahnkollege Mut zusprach, den Quereinstieg zur Triebfahrzeugführerin bei der DB AG zu wagen. Heute sagt Claudia, „diese Entscheidung war ein Glücksgriff“. In sieben Monaten lernte sie zur Triebfahrzeugführerin um. „Das war Druckbefüllung für mein Gehirn“, lacht sie. „Ich hatte das Lernen ganz verlernt“. Nach dem Abschluss im Ausbildungszentrum West in Essen fuhr sie für die DB Regio NRW auf den Linien S1, S2, S3 und S6. Das tut sie auch heute noch, aber seltener, weil sie zusätzliche Aufgaben übernommen hat. Seit 2020 ist sie selbst Ausbilderin und trainiert neuen Quereinsteiger:innen am Simulator oder auch in der Praxis das Fahren eines Triebwagens an.

Die heute 60-jährige, lebhafte Bahnerin, tritt ungern auf der Stelle. Dass sie etwas bewegen möchte, akzeptieren ihre männlichen Ausbildungskollegen. „Gegenseitige Wertschätzung und Respekt herrschen in unserem Team.“ Bedenken der Kollegen gegen eine Frau als Ausbilderin habe sie nie verspürt. „Ich wurde hier gut aufgenommen“. Lediglich von anzulernenden Kollegen fallen manchmal freche Sprüche. Aber dem entgegnet die waschechte Rheinländerin gelassen und zugleich beherzt.

Die Zeit als Ausbilderin ist für Claudia Buhren nur noch bedingt vorhanden. Seit 1. Januar ist sie Bildungskoordinatorin im Kompetenz-Centrum (KC) Essen. Das heißt, sie verantwortet die Einteilung der Trainer:innen, die Erstausbildung der Quereinsteiger:innen, Schulungen der Lokführer:innen auf neuen Typenreihen etc. „Es ist viel, es ist spannend und ich fühle mich bestätigt“.

Diese positive Einstellung lenkt sie davon ab, dass sie „nur“ noch sieben Jahre im Job vor sich hat. „Ich denke nicht über den Ruhestand nach.“ Vielmehr möchte sie über den Rentenbeginn hinaus ihrer beruflichen Leidenschaft nachkommen. Als sogenannte Senior-Expert:innen können Fachkräfte in einem zeitlich begrenzten Rahmen ihr Wissen weitergeben. Und das möchte Claudia unbedingt tun.

Jedes Jahr kommen Quereinsteiger:innen zur Bahn, verteilt über alle Bereiche. Davon sind immer wieder auch einige künftige Lok- und Triebfahrzeugführer:innen dabei, die im KC Essen/West ausgebildet werden. Claudias Appell an alle Frauen, die in ihrem Beruf unzufrieden sind oder sich nicht trauen, neue Wege zu gehen: „Traut euch! Mädchen können das auch!“ 

Mit Beginn ihres damaligen Berufswechsels war für sie klar, einer Gewerkschaft beizutreten. Für die Lokführerin sollte es ganz klar die EVG sein. „Es fühlt sich gut an, zu einer so starken und aktiven Gemeinschaft zu gehören“. Unsere Themen für mehr Mitbestimmung, gute Tarifpolitik oder auch unsere Forderungen für mehr Klimaschutz trägt sie vollends mit. Neben den Verbesserungen in ihrem Job, ist sie auch von den Leistungen der Sozialpartner wie Fonds soziale Sicherung begeistert. Hier hatte sie bereits das Eine oder Andere in Anspruch genommen. „Na klar, Brillenzuschuss und die Gesundheitswoche“, betont sie selbstbewusst.

Im elften Jahr als Lokführerin zieht sie ein zufriedenes Fazit: „Aus meinem neuen Beruf wurde für mich eine Berufung.“ Auch als Quereinsteiger:in könne man immer noch viel leisten und sich in der Gesellschaft (wieder) etablieren. Jede und jeder, der sich beruflich zu einer Kehrtwende entscheidet, müsse es nur wirklich wollen. Für sie ist klar: „Es ist nie zu spät, den Traumjob zu finden, um noch einmal ganz von vorne anzufangen“.