Drei Fragen an …
... Hans-Jürgen Dorneau, Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses der EVG.
Hans-Jürgen, wie gut siehst du die Sozialsysteme in Deutschland für die Folgen der Pandemie gerüstet?
Insgesamt sind die Sozialsysteme zur Bewältigung der aktuellen Krise gut aufgestellt – organisatorisch wie finanziell. Mit Blick auf die einzelnen Sozialversicherungszweige dämpft z.B. das im internationalen Vergleich recht einzigartige Kurzarbeitergeld die finanziellen Einbußen von Arbeitnehmer*innen wie Unternehmen. Hier zeigt sich einmal mehr, dass unser durch Selbstverwaltung und Solidarität geprägtes Sozialsystem auch in Krisensituationen eine verlässliche gesellschaftliche Säule ist.
Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten aktuellen Weichenstellungen in der Sozialpolitik?
In den vergangenen Wochen wurde eine Vielzahl sozialpolitischer Entscheidungen mit teilweise enormer Tragweite getroffen. Nicht nur als alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats der BAHN-BKK sehe ich natürlich die GKV dabei im Mittelpunkt. Mit kurzfristig beschlossenen gesetzlichen Maßnahmen sollen vor allem Erlösausfälle im Krankenhaus vermieden werden. Ebenso erhalten stationäre Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie Pflegeeinrichtungen Ausgleichszahlungen. Durch diese sicher in der aktuellen Situation nachvollziehbaren Maßnahmen wird die GKV natürlich finanziell erheblich belastet. Neben diesen gesetzlichen Regelungen zeigt sich aber auch an bilateralen Vereinbarungen und einseitig beschlossenen Maßnahmen, wie flexibel die Sozialversicherungsträger auf die Krise reagieren. Die aktuelle Pandemie hat aber auch eine Diskussion darüber ausgelöst, ob ein umfassender Wettbewerb in allen Bereichen des Gesundheitswesens der richtige Weg ist. Die Produktion von Arzneimitteln und medizinischen Produkten wie Schutzausrüstungen sollte mindestens innerhalb der EU erfolgen und nicht aus Kostengründen in Drittstaaten ausgelagert werden. In diesem Zusammenhang muss auch die fortschreitende Privatisierung im Pflege- und Krankenhausbereich kritisch hinterfragt werden. Diese Krise zeigt deutlich, dass soziale, verlässliche und qualitätsgerechte Strukturen – und nicht Gewinnmaximierung - für eine Gesellschaft unabdingbar sind.
Die EVG hat ein großes und engmaschiges Netzwerk an Sozialpartnern geknüpft. Inwiefern nützt das jetzt den EVG-Mitgliedern?
Die BAHN-BKK nutzt gerade in der aktuellen Zeit ihre Expertise als Unternehmenskasse der DB AG und ausgewiesene Verkehrsmarktexpertin und hat Online-Angebote entwickelt, die auch ohne den direkten persönlichen Kontakt einen Mehrwert bieten. Mit dem Corona Arztgespräch bei Teleclinic und der Gesundheitshotline InfoMedicus besteht die Möglichkeit, ärztliche und medizinische Beratung via Video-Chat bzw. Telefongespräch einzuholen. Außerdem werden derzeit verstärkt Angebote im Bereich der Gesundheitsförderung geschaffen, die anstatt der physischen Teilnahme auch online in Anspruch genommen werden können. Über ihre Facebook-Seite bietet die BAHN-BKK außerdem hilfreiche Tipps zur Gestaltung des Alltags inklusive Bewegung und Ernährung in Zeiten des Homeoffice.